Wie viel Homeoffice braucht (und erträgt) die neue Normalität?

Die Corona-Pandemie bremst das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben immer noch. Vorausschauende Firmen planen aber schon jetzt für die Zeit nach Corona, die, dank erfolgreicher Impfkampagnen, hoffentlich eher früher als später kommt. Ein Trend zeichnet sich ab: Homeoffice ist gut, Büro ist besser – zumindest ein paar Tage die Woche - und auch die Karriere läuft in der Firma besser.

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Herbert Keller
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herbert.keller@umb.ch

Zuerst musste alles sehr schnell gehen: Als vor einem Jahr der grosse Umzug ins Homeoffice über die Bühne ging, sorgten sich IT-Verantwortliche noch darüber, ob die Internet-Kapazitäten gross genug seien, um die rasante Zunahme des Datenverkehrs zu bewältigen. Dann wurde das Arbeiten zuhause zum Normalfall, und das Lob für die neue Situation war kaum zu bremsen. Remote Work sorge für mehr Effizienz, erfordere weniger teure Infrastruktur und mache auch die Mitarbeiter glücklich, die, weil der Arbeitsweg nur noch vom Schlafzimmer an den Arbeitstisch führt, viel Zeit auf der Strasse und im ÖV einsparen können.

 

Weniger Arbeit ist nicht immer Effizienz    

Inzwischen ist die Euphorie etwas abgeflaut, und verschiedene Nachteile der Heimarbeit zeigen sich – sowohl für die Arbeitgeber, als auch für die Arbeitnehmer[i]. Studien zeigen, dass mehr als 40 Prozent der Befragten, im Homeoffice nicht so zufrieden sind wie im Büro. Zum Beispiel weil sie ihre Smartphones und Computer öfter überprüfen, als im Büro und länger erreichbar sind – auch ausserhalb der Arbeitszeit. Mehr als die Hälfte der Befragten hat ausserdem bemerkt, dass ihr Arbeitsplatz weniger Annehmlichkeiten bietet, als im Unternehmen, und die Betroffenen finden  es schwierig, am Arbeitsplatz wahrgenommen zu werden. Dieses Wahrnehmungsproblem kann sich nicht nur negativ auf die Karriere sondern auch auf  die Arbeitsleistung auswirken: Die Umfrage einer amerikanischen Job-Plattform fand heraus, dass Mitarbeiter im Homeoffice durchschnittlich neun Stunden pro Woche mit privaten Aufgaben wie Kochen, Fernsehen,  Online-Shopping, Sport treiben oder ausgehen verbringen, anstatt zu arbeiten[ii]. Die meisten Mitarbeiter gaben an, dass sie sich nicht dafür verantwortlich fühlen, diese Zeit irgendwann wieder aufzuholen. Diese Ergebnisse stammen, wie erwähnt, aus den USA. In der Schweiz sieht die Situation anders aus. Gemäss einer  Studie des Bundesamtes für Statistik, wird der grossen Mehrheit der Angestellten hier sowieso sehr viel Autonomie gewährt – auch im Homeoffice.

 

Homeoffice? Hybrid-Office? Business-Office?

In welchem Ausmass nach der Pandemie eine Rückkehr ins Büro stattfinden wird, hängt von der Kosten-Nutzen-Analyse jedes Arbeitgebers ab – die schwer zu quantifizierende Faktoren wie Unternehmenskultur sowie Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität berücksichtigen muss. Firmenbosse sind sich nicht einig, wie es weitergehen soll – und sie lassen sich viel Raum mit ihren Prognosen (Microsoft sieht vor, dass die meisten Mitarbeiter in Zukunft “weniger als 50 Prozent“ von zu Hause aus arbeiten – was grossen Spielraum lässt)[iv]. Die Chefs zweier grossen Finanzunternehmen haben klare Vorbehalte[v]:  Der CEO von Goldman Sachs, David Solomon, bezeichnete Remote-Arbeitsregelungen als "einen Irrtum" und sagte, die Investmentbank werde dies "so schnell wie möglich korrigieren". Der CEO von JP Morgan Chase, Jamie Dimon, hielt in einem Aktionärsbrief fest, dass Remote-Arbeit den Charakter und die Kultur, die ein Unternehmen aufzubauen versuche, dramatisch untergrabe und spontanes Lernen und Kreativität praktisch eliminiere. Das sieht IBM-Boss Arvind Krishna nicht ganz so negativ – ausser was die Karriere der Heimarbeiter betrifft. Gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg erklärte er, dass wahrscheinlich etwa 80 Prozent der Mitarbeiter des Unternehmens in hybriden Arbeitsverhältnissen bleiben könnten, aber mindestens drei Tage pro Woche im Büro verbringen müssten.  Der IBM-Boss glaubt ausserdem nicht daran, dass die Arbeit im Homeoffice sich positiv auf die berufliche Laufbahn auswirken wird: "Wer ein People-Manager werden will, wer mehr Verantwortung bekommen will oder eine Kultur im Team aufbauen will, kann das nicht aus der Ferne machen" sagt er.

 

Amazon will eine “bürozentrierte Kultur“

Auch bei Google und Amazon sieht es so aus, als ob viele Firmenbüros bald wieder von Mitarbeitern besetzt sein werden. Google, eine Firma die weltweit für progressive Arbeitsplatzregelungen steht, will seine 200‘000 Mitarbeiter bis zum 1. September für mindestens drei Tage pro Woche wieder zurück in die Firma holen[vi]. Künftig müssen Google-Mitarbeiter einen Antrag stellen, wenn sie mehr als 14 Tage im Jahr ausserhalb der Firma arbeiten wollen. Auch Amazon hat seine Angestellten wissen lassen, dass sie nach dem Sommer wieder an ihren Schreibtischen im Firmenbüro erwartet werden[vii]. In einem Memo heisst es: "Unser Plan ist es, zu einer bürozentrierten Kultur als unsere Basis zurückzukehren.  Wir glauben, dass es uns am effektivsten ermöglicht, gemeinsam zu erfinden, zusammenzuarbeiten und zu lernen“. Nicht ganz so klar sehen das viele Schweizer Unternehmen. Allerdings scheint sich abzuzeichnen, dass die Arbeitsplätze der Zukunft vielerorts nicht mehr so grosszügig bemessen sein werden, wie vor der Pandemie. Weniger Platz für mehr Mitarbeiter, heisst das Motto; zahlreiche Arbeitgeber sehen das Homeoffice als festen Bestandteil eines modernen Arbeitsplatzes.[viii]

 

Wir arbeiten an der Transformation in die neue Normalität

Die Situation in der neuen Normalität ist ohne Zweifel volatil, komplex und ambivalent. Bei UMB haben wir während der Pandemie alle unsere Online-Veranstaltungen in einem neuen, eigens eingerichteten Studio produziert, um die notwendige Kommunikationsqualität aufrecht zu erhalten. Unserer Ansicht nach ist Kommunikation die Währung für die neue Normalität, und Zeit für Kultur ist wichtiger denn je. Denn es gilt: Herausforderungen werden nach wie vor kollaborativ gelöst, auch wenn Arbeitsorte in vielen Fällen für die Produktivität irrelevant geworden sind. Diese Distanz bedeutet aber, dass es schwieriger wird, inspirierenden Zufallsbekanntschaften zu machen; spontane Diskussionen fallen aus. Das direkte Teamerlebnis wird auf ein paar Quadratzentimeter am Bildschirm reduziert.

Das fordert uns heraus: Die Kultur muss gefördert werden; neue Arbeitsplätze, welche Nähe trotz Entfernung möglich machen, sind gefragt. Bei UMB überarbeiten wir deshalb gegenwärtig unser Arbeitsplatzkonzept um uns den veränderten Begebenheiten anzupassen  – wir arbeiten an unserer Transformation in die neue Normalität. 

 

[i] https://www.cmswire.com/collaboration-productivity/why-remote-working-will-not-become-the-new-work-model/

[ii] https://www.joblist.com/trends/how-american-workers-are-navigating-the-new-norm-of-working-from-home

[iv] https://blogs.microsoft.com/blog/2021/03/22/the-philosophy-and-practice-of-our-hybrid-workplace/

[v] https://qz.com/1993431/jpmorgan-ceo-jamie-dimon-shares-his-thoughts-on-remote-work/

[vi] https://www.forbes.com/sites/jackkelly/2021/04/01/google-wants-workers-to-return-to-the-office-ahead-of-schedule-this-looks-like-a-blow-to-the-remote-work-trend/?sh=2f2de7a91575

[vii] https://www.seattletimes.com/business/amazon/amazon-expects-employees-back-in-their-offices-by-autumn/

[viii] https://www.inside-channels.ch/de/post/homeoffice-teil-3-massive-konsequenzen-fuer-die-arbeitsplaetze-20210430