Unter dem Meer funktionieren die Server besser.

Vor zwei Jahren hat Microsoft ein Rechenzentrum im schottischen Meer versenkt. 864 Server mit 27,6 Petabyte Speicher, versorgt in einem dichten Stahlzylinder, lagen danach gut 30 Meter unter der Wasseroberfläche und erledigten dort ihre Aufgabe. Die Energie für den Betrieb kam ausschliesslich von Solarzellen und Windturbinen; Kühlwasser war nicht erforderlich. Der Versuch war ein Erfolg und wird sich mit Sicherheit auf die weltweite Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit von Rechenzentren und die Azure Cloud auswirken.

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Andreas Reisinger
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Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt irgendwo am Meer – oder zumindest nicht weiter als 200 Kilometer von der Küste entfernt. Rechenzentren in der Nähe von Küstenstädten im Meer zu versenken macht deshalb viel Sinn. Datenleitungen zwischen Rechenzentren und Anwendern würden verkürzt, was den Datentransport beschleunigt. Das kühle Wasser unter dem Meeresspiegel ermöglicht zudem sehr energieeffiziente Rechenzentrumsdesigns, die nicht auf eine Kühlwasserversorgung angewiesen sind. Microsofts Projekt Natick[1] setzt diese Vorteile in die Praxis um. Erprobt wird die Machbarkeit von Unterwasser-Datenzentren, die mit erneuerbarer Offshore-Energie betrieben werden können. Sie könnten gezielt eingesetzt werden um einen besseren lokalen Zugang zu Cloud-basierten Ressourcen zu ermöglichen – was wiederum das Microsoft Azure-Geschäft unterstützen wird.

 

Menschen und Korrosion schaden der IT

Tatsächlich gibt es beim Betrieb von konventionellen Rechenzentren an Land Probleme, die unter Wasser nicht entstehen. Korrosion durch Sauerstoff und Feuchtigkeit treten in einer wasser- und gasdichten Umgebung mit strenger Temperaturkontrolle weit weniger auf. Die Konsequenz:

Das Unterwasser-Rechenzentrum hat nur ein Achtel der Ausfallrate eines Rechenzentrums auf dem Festland, was klar besser ist. Und die hohe Zuverlässigkeit der Server bedeutet, dass die wenigen, die vorzeitig ausfallen, einfach abgeschaltet werden können.

Nach dem Auftauchen des Zylinders mit den 864 Servern wurden zuerst Luftproben zur Analyse im Microsoft-Hauptquartier in Redmond, Washington, gesammelt. Der Zylinder war für den Betrieb mit trockenem Stickstoff gefüllt worden. Nun soll untersucht werden, wie Gase, die aus Kabeln und anderen Geräten freigesetzt werden, die Betriebsumgebung der Computer verändert haben. Das Forscherteam glaubt, dass die Stickstoffatmosphäre, die weniger korrosiv als Sauerstoff ist, aber auch das Fehlen von Menschen, welche die Komponenten unvorsichtig behandeln, die Hauptgründe dafür sind, dass die Server auf dem Meeresgrund zuverlässiger laufen.

 

Betrieben mit Wind- und Sonnenenergie

Elektrizität wird auf den Orkney-Inseln zu hundert Prozent aus Wind- und Sonnenenergie (und anderen, experimentellen Energietechnologien) hergestellt. Diese Stromversorgung, die von den meisten landgestützten Datenzentren als unzuverlässig eingestuft wird, habe sich bestens bewährt, sagen die Microsoft Forscher. Das ermögliche Szenarien wie  die Kombination eines Unterwasser-Rechenzentrums mit einem Offshore-Windpark. Selbst bei schwachem Wind werde aller Wahrscheinlichkeit nach genug Strom für ein Rechenzentrum zur Verfügung stehen. Wenn nicht, könnte eine Stromleitung mit der Glasfaserverkabelung gebündelt werden. Ein weiterer Vorteil derartiger Unterwasser-Rechenzentren besteht darin, dass die Anlage in Zeiten hoher Nachfrage theoretisch sogar an einen anderen Standort verlegt werden könnte.

 

Ein Rechenzentrum, das kein Kühlwasser braucht

Projekt Natick beweist, dass Rechenzentren betrieben und kühl gehalten werden können, ohne wertvolle Trinkwasserressourcen zu verbrauchen. Natick 2 verbraucht kein Wasser. Im Vergleich dazu verbraucht ein herkömmliches landgestütztes Rechenzentrum laut Microsoft 4,8 Liter Wasser pro Kilowattstunde. Das entspricht einem langfristigen Bedarf von Millionen Hektolitern von Kühlwasser. (Die Berechnungen zum aktuellen Energiebedarf aller weltweiten Rechenzentren gehen von mindestens 200 Milliarden Kilowattstunden aus.[2]) Herkömmliche Rechenzentren leisten immer mehr und verbrauchen immer mehr Strom – und damit auch mehr Wasser. In vielen Regionen der Welt, auch in Küstennähe, kann der Wasserbedarf für Rechenzentren der nächsten Generation nicht gedeckt werden. Deshalb ist die Tatsache, dass Microsofts Unterwasser-Rechenzentrum kein Wasser braucht, enorm wichtig.

 

Zwölf Zylinder für eine Azure-Miniregion

Bei Microsoft plant man bereits die Vergrösserung des bestehenden Projektes, um zu ermöglichen, damit die gesamte Palette der Azure-Cloud-Dienste zu betreiben. Dafür müssten etwa zwölf  Zylinder mit je knapp 900 Servern zusammengebaut werden. Diese würden auf eine Gitterkonstruktion montiert[3]. Die ganze Anlage wäre dann etwa 100 Meter lang. Zwölf solche Zylinder haben eine Rechenkapazität von etwa fünf Megawatt. Laut Microsoft reicht dies für die Bedienung einer Mini-Azure-Region aus. Da man von generischem Cloud Computing zu Cloud und Edge Computing übergehe, sehen man eine steigende Notwendigkeit, kleinere Rechenzentren in der Nähe der Kunden, statt riesige Rechenzentren mitten im Nirgendwo zur Verfügung zu haben, argumentiert man bei Microsoft.

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[1] https://news.microsoft.com/innovation-stories/project-natick-underwater-datacenter/

[2] https://www.datacenter-insider.de/verschlingen-rechenzentren-die-weltweite-stromproduktion-a-811445/

[3] https://www.servethehome.com/microsoft-project-natick-gen-3-undersea-azure-az/