Die IT-Branche kann sich Altersdiskriminierung nicht leisten.

Der Fachkräftemangel in der IT-Branche ist seit Jahren ein Thema – und wird es noch längere Zeit bleiben. Deshalb ist es umso wichtiger, dass bestandene IT-Spezialisten in ihrem Fachgebiet weiter arbeiten, auch wenn sie nicht mehr ganz jung sind. Das Potenzial solcher Fachkräfte auszunutzen, ist für eine gesunde IT-Branche absolut unabdingbar.

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Herbert Keller
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Die Schweiz müsse dringend Massnahmen ergreifen, um den Bedarf an ICT-Fachkräften zu decken, hiess es schon im letzten Jahr in einer Studie des Instituts für Wirtschaftsstudien Basel (IWSB)[i]. Demzufolge hat sich die Zahl der im ICT-Bereich beschäftigten Personen bis 2020 in nur neun Jahren verdoppelt. Das Wachstum in der IT-Branche ist damit  viermal so gross wie das durchschnittliche Arbeitsmarkt-Wachstum. Nun weist eine neue Studie von digitalswitzerland[ii]  darauf hin, dass schon vor dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters zu viele wertvolle Arbeitskräfte verloren gehen.

 

Selbstständigkeit und Flexibilität im Job sind gefragt

Das Durchschnittsalter der Erwerbstätigen zwischen 58-70 Jahren liegt in der ICT-Branche mit 61,1 Jahren vergleichsweise tief. Im Vergleich dazu ist das durchschnittliche Alter zum Beispiel bei Architekten und Ingenieuren mit 62,6 Jahren deutlich höher. Der erste grosse Rückgang der Beschäftigung erfolgt in der IT-Branche bereits ab 60 Jahren, der zweite ab 63 Jahren. Dies zeigt, dass bereits vor dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters wertvolles Arbeitskräftepotenzial abhandenkommt.

Besonders positiv auf ein langes Erwerbsleben wirke sich ein hoher Grad an Selbstständigkeit und Flexibilität am Arbeitsplatz, ein hohes Bildungsniveau und die Erwerbstätigkeit in kleineren Unternehmen aus, sagen die Verfasser der Studie. Zudem sei ein kultureller Wandel in der Arbeitswelt nötig, um der gestiegenen Lebenserwartung gerecht zu werden und die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Altern zur Norm zu machen. Unternehmen können die Bereitschaft zur Weiterarbeit steigern, indem sie den Mitarbeitenden sinnvolle Arbeit und mehr Flexibilität bieten.

 

Ältere Mitarbeitende sind eine gute Investition

Neben Frühpensionierungsmodellen wirkt sich vor allem die Altersdiskriminierung negativ auf ein langes Erwerbsleben aus. Obwohl empirische Evidenz beweist, dass die Loyalität der Mitarbeitenden im Alter besonders hoch ist, und sich Investitionen in ältere Arbeitnehmende trotz kürzerer verbleibender Arbeitszeit auszahlen, werden ältere Fachkräfte bei gleichen Qualifikationen weniger oft zu Bewerbungsgesprächen eingeladen und angestellt.  Ein Grund für die Altersdiskriminierung sind oft die mit dem Alter steigenden Lohnkosten: Junge Kollegen sind oft signifikant billiger. In diesem Zusammenhang sind automatische, altersbedingte Lohnerhöhungen kritisch abzuwägen – insbesondere da die im Alter ebenfalls steigenden Lohnnebenkosten von den Arbeitgebern nicht beeinflusst werden können.

 

 

[i] Mangel an ICT-Fachkräften in der Schweiz verschärft sich | Netzwoche

[ii] Making Switzerland a leading digital innovation hub | digitalswitzerland

[iii] Jobs - umb.ch